Wenn man sich das Portal “Intersection” dann genau anschaut, dann beantwortet sich in der Tat die von Herrn Luhmann aufgeworfene Frage schnell: Hauptsponsor scheint der “European Council of Foreign Relations” zu sein, eine auf transatlantische Intiative gegründete Analogieorganisation zum “Council of Foreign Relations” in den USA zu sein, den Hermann Ploppa in seiner empirischen Untersuchung von Elitennetzwerk als “Mutter” dieser reizenden Organisationen bezeichnete, die dafür da sind, multilaterale Beziehungen unter das Kuratell einer winzigen, aber potenten Minderheit zu stellen, anstatt sie dem offenen Austausch von Bürgerbegegnungen souveräner Rechtsstaaten zu überlassen. Denn wie wenig Demokratie da heute drin ist, wenn unter dem Schlachtruf “Demokratie!” wieder mal die Messer gewetzt werden, das schält sich seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre für jeden wachen Demokraten immer deutlicher heraus.
Dem entsprechen auch die Beiträge in “The Intersection”: Diese Darstellungen eines umfassenden & für die Bürger ganz Europas (inklusive Russlands) in der Tat bedrohlichen geopolitischen Konflikts kennen nur einen “odd man out”, einen ‘Schuldigen’: Russland. Gegenüber den geopolitischen Schachzügen der Gegenseite, vor allem der US-Machteliten, spielt das Portal nach inzwischen altbekannter Manier “Des Kaisers neue Kleider”. Analyse statt Propaganda? Eine empirisch gründliche Sammlung von Daten oder eine detailreiche Rekonstruktion der Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und westlichen europäischen Staaten seit 1990 findet sich hier eben so wenig wie ein auch nur ansatzweise wissenschaftlich reflektiertes Modell zur fundierten Urteilsbegründung über diese Beziehung. Konzentriert wird hier stattdessen das standardisierte Narrativ reorganisiert, welches auch die sich zum epischen Hauptstrom addierenden Beiträge transatantischer Konzern- & Staatsmedien mantrahaft weben & wiederholen. Die Annahme, diese Textchen böten “Experten” oder irgendeinem komplex nachdenkenden Bürger Hintergrundwissen oder Orientierung ist lachhaft. Wer eine akademische Ausbildung nicht nur durchlaufen, sondern begriffen hat, wo wissenschaftliche Maßstäbe anfangen und wo sie eindeutig unterschritten werden, kann nur verächtlich mit der Nase rümpfen. Allenfalls bekommt hier der anpassungswillige journalistische Praktikant jenen narrativen Rahmen kompakt geboten, den er braucht, um sich sicher sein zu können, dass seine Artikel auch in den Redaktionszentralen von Springer oder Bertelsmann nicht anstößig erscheinen und dem Anschlusspraktikums somit nichts im Wege steht.
Als Steuerzahlerin und EU-Bürgerin protestiere ich hiermit entschieden dagegen, dass für eine derartige bodenlose Propagandamühle meine Steuergelder verschleudert werden. Das ist mehr als nur schamlos! Angesichts eines derart plump durchschaubaren Unterfangens ist der im Portal an die Russische Föderation adressierte Vorwurf, sich geistig nur im abgeschlossenen Raum ideologischer Selbstbespiegelung zu bewegen nur eines: selbstentlarvend.
Menschen aber mit etwas Bildung und vor allem fundierten Fremdsprachenkenntnissen dagegen halten sich lieber den Kopf frei, lesen wirklich international und nehmen zur Kenntnis, was Menschen außerhalb der selbstverschuldeten Unmündigkeit der ideologischen Selbstbeschränkung jener Zirkel, die unter dem Label des “Westen” eines entkernten, seiner Substanz beraubten Rests von vierhundert Jahren europäischer Geistesgeschichte huldigen, denken. Impulse, die die Welt voran bringen, mögen sich in Menschen aller Länder und aller sozialen Schichten regen: Diejenigen aber, die ihren Geist in die Kasernierung der intellektuellen Ödnis transatlantischer Thinktank-Programme eingezwängt haben, werden sicherlich nicht dazu gehören.